IDEENGARTEN Unternehmer Podcast

Interview Claudia Münch - Trotz Gehirnschlag als Unternehmerin & Mutter erfolgreich - #029

June 21, 2022 Claudia Heipertz
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Interview Claudia Münch - Trotz Gehirnschlag als Unternehmerin & Mutter erfolgreich - #029
Show Notes Transcript

Claudia Münch stand mitten im Leben, war aktiv, sportlich und kerngesund. Sie war mit zwei Unternehmen erfolgreich und Mutter von zwei Töchtern, als sich Ihr Leben mit Wucht veränderte. 

Claudia erfuhr, dass sie unter einem Hirnaneurysma auf der rechten Gehirnseite litt. Kurz nach dem zunächst erfolgreichen Eingriff erlitt sie einen Schlaganfall. Sie war halbseitig gelähmt, litt unter Kontrollverlust und hatte, wie sie es sagt "eine Scheißangst..." 

In diesem Interview sprechen wir darüber, wie ... 

❎ sie diese Herausforderung gemeistert hat 
❎ wie sie sich soweit regenerieren konnte, dass heute fast alles wieder möglich ist 
❎ was sich dadurch in ihrem Leben verändert hat

Ihre Top-Fitness, jede Menge Disziplin und viel Training halfen ihr dabei, sich soweit zu erholen, dass heute nur noch leichte linksseitige Schwäche vorhanden ist. 

 Heute ist Claudia Münch Somatic Psychologist und Breath. Ihre Erfahrung hat dazu geführt, dass sie heute Menschen dabei zu unterstützt, sich und ihre Gesundheit an erste Stelle zu setzen und die Verbindung von Körper, Geist und Seele zu achten. 

 Shownotes:

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Eine Produktion der
Claudia Heipertz Marketingberatung
Marketing für blühende Geschäfte
Mehr Kunden mit der Ideengarten Strategie
claudiaheipertz.de

Claudia Heipertz: Hallo und herzlich willkommen in einer neuen Episode des Ideengarten Unternehmer Podcasts. Heute habe ich wieder ein Interview für dich und diese Geschichte hat mich sehr berührt. Ich habe vor einigen Wochen einen Beitrag geteilt auf Linkedin und Facebook und um Mut-Geschichten gebeten. Mein heutiger Gast hat sich mit einer wirklich erstaunlichen Mut-Geschichte zu Wort gemeldet. Sie ist schon früh erfolgreich gewesen. Ihr Lebensweg hatte immer mit einem aktiven Lebensstil zu tun. Sie war mit 25 schon Chefredakteurin der deutschen Ausgabe der weltweit größten Fitness Zeitung und körperlich in Topform. Bis mit 42 ein Hirn-Aneurysma einen Schlaganfall ankündigte. Nach diesem Schlaganfall war alles anders. Halbseitige Lähmung, motorischer Kontrollverlust und wie sie es sagt, eine "scheiß Angst mit zwei Unternehmen und zwei Töchtern". Sie hat sich zurück ins Leben gekämpft, mit Disziplin und viel Training. Alles Weitere wird sie uns gleich erzählen. Ich begrüße ganz herzlich Claudia Münch. Schön, dass du hier bist.

Claudia Münch: Herzlichen Dank! Als Namenskollegin erst einmal vielen Dank für die nette Vorstellung. Ich freue mich sehr, dass ich mich mit dir unterhalten kann.

Claudia Heipertz: Schön, dass du da bist. Ich möchte heute von dir wissen, wie du das geschafft hast, als Unternehmerin trotz dieser wirklich schweren gesundheitlichen Einschränkungen, wieder ins Leben zurückzukommen und heute wirklich mit voller Leidenschaft dein Herzensanliegen zu verwirklichen. Wir kommen gleich noch drauf zu sprechen, was das genau ist. Mich beeindruckt das immer wieder, wie Menschen dann wirklich aus solchen Geschichten, die das Leben beschreibt, so eine Tiefe auch in ihre Arbeit bringen. Da kannst du gleich ein bisschen was zu erzählen. Also zunächst einmal: Was war in dem Moment, als das passiert ist? Was hast du gemacht? Wie bist du auf diese Situation zugegangen?

Claudia Münch: Ich glaube, es hatte ganz viel mit "funktionieren müssen" zu tun. Das kann man jetzt vielleicht Glück im Unglück nennen. Es ist so, dass natürlich viele Sachen um mich rum waren, wo ich sage "Ich kann natürlich jetzt nicht aufgeben". Ich hatte zwei kleine Kinder, die waren wirklich zu dem Zeitpunkt 7 und 4. Ich war alleinerziehend zu dem Zeitpunkt. Der Vater war zwar in der Nähe, aber nicht ganz so greifbar. Und zwei Geschäfte. Eine Freundin, mit der ich ein Geschäft hatte, die ich auch nicht im Stich lassen konnte und wollte. Und ich glaube, das ist ein bisschen aus der Not heraus geboren. Und natürlich auch ein bisschen Selbstschutz. Ich kann so ein Stück zurückgehen. Als das Aneurysma diagnostiziert wurde, war das für mich erstmal ein Schock, weil ich immer so wahnsinnig gesund war. Ich hatte in meinem Leben gar nichts. Ich habe ganz wenig Schnupfen. Ich war gut immunisiert, glaube ich. Und ich hab auch gut auf mich aufgepasst und hab gedacht, alles läuft super. Und dann war die Diagnose für mich schon ein Schlag. Das war so wie "Ich bin krank jetzt, ich habe etwas." Und ich bin da schon unglaublich schlecht damit klargekommen mental. Und dann ist eben das passiert, was nicht hätte passieren sollen. Durch die Behandlung wurden die Gefäße verschlossen und das Licht ging aus, sage ich immer so ein bisschen lapidar. Es ist etwas sehr Seltsames. 

Ich hab zu dem Zeitpunkt wirklich festgestellt, man lernt sehr viel über sich selbst. Ich habe festgestellt, dass ich auch ein Kontrollthema mit mir selbst habe. Ich bin eigentlich so ein Mensch - hab ich immer gedacht - ich kontrolliere andere Menschen nicht, ich lass auch gerne mal locker und bin da nicht so wahnsinnig zwanghaft, sage ich jetzt mal ganz salopp. Aber man merkt dann schon, dass Kontrolle eine große Rolle spielt. Und wenn mich jemand fragt, sage ich heute immer: So ein Schlaganfall ist der ultimative Kontrollverlust. Also ich glaube, mehr geht fast nicht. Sicherlich gibt es noch andere Krankheiten, die ganz, ganz furchtbar sind. Aber es ist einfach so: Ich bin umgekippt in meiner Küche. Ich hatte gerade Sport gemacht. Es war sechs Uhr morgens. Ich glaube, ich wusste, was es ist. Ich weiß nicht warum. Ich hatte es noch nie erlebt. Ich wusste aber tatsächlich, was es ist. Und es ist so - wenn man es beschreiben möchte: Ich sehe den Türrahmen, die Tür ist offen. Ich will durch den Türrahmen gehen. Ich kann aber nicht durch den Türrahmen gehen, weil ich komplett mit der einen Seite des Körpers vor diesen Türrahmen renne, obwohl ich ganz klar sehe, wo der Durchgang ist. Das ist ganz schwer, sich vorzustellen, aber diese Funktionen sind einfach nicht mehr da. Das heißt, mein Augenlicht hat natürlich noch funktioniert. Ich hab den Türrahmen gesehen, aber ich konnte nicht durchgehen. Ich war wirklich komplett blau auf der einen Seite, weil mir das die ganze Zeit passiert ist. Und dann kommt man an die Grenze und sagt "Ich hab keine Kontrolle mehr. Ich weiß nicht, was als Nächstes passiert." Und ich hab so ein bisschen auf Funktionsmodus geschaltet. 

Ich bin dann im Krankenhaus gewesen. Auf einer Stroke Unit. Das haben viele große Krankenhäuser mittlerweile. Dort wird man aber nur überwacht. Also tatsächlich können die gar nichts mehr tun zu dem Zeitpunkt. Der Verschluss ist passiert, die Gefäße gehen zu. Da wird einfach nichts mehr gemacht. Da ist auch viel schiefgelaufen, muss man dazu sagen. Ich hab glaub ich den ganzen Tag dort gesessen und einfach nur gedacht "Ich möchte sehen, wie meine Kinder groß werden." Das war das Einzige. Das andere hatte gar keine Relevanz. Ich hab nicht mal, glaube ich, über meine Gesundheit nachgedacht oder mir Sorgen gemacht, weil zu dem Zeitpunkt war die Lähmung noch nicht da. So ein Schlaganfall trifft einen und dann zieht er sich so ein Stück zurück, weil das Hirn nochmal versucht, die Strukturen aufzubauen. Also es ist nicht so, dass das Licht für immer ausgeht. Das ist eine ganz, ganz komisches Phänomen. Ich weiß auch nicht, ob das wirklich bei jedem Menschen ist, aber das ist so, wie unser Gehirn funktioniert. Das heißt, die Vernetzungen sind ja zum Teil noch da und das Gehirn versucht nochmal alles zu reparieren. Da läuft nochmal was ab. Bei mir war es am nächsten Tag. Ich konnte nicht mehr aufstehen. Das war ja das Nächste. Der erste Tag war ja erst mal okay, bis auf die Ungewissheit. Und am nächsten bin ich aufgestanden, ich musste auf Toilette, aber ich konnte nicht mehr, weil die ganze Seite weg war links. Das hat mir keiner gesagt. Ich wusste überhaupt nicht, was ich machen soll. Ich war total überfordert, muss ich sagen.

Claudia Heipertz: Das kann ich total verstehen.

Claudia Münch: Und es war nichts mehr wichtig eigentlich. Ich habe wirklich tatsächlich an meine Kinder gedacht. Was ist mit meinen Kindern? Ich möchte doch sehen, wie die groß sind, wie die vielleicht mal heiraten oder selber Kinder bekommen. Das war alles. Das waren so Filme, die einfach abliefen. Ich war ganz allein im Krankenhaus. Ich musste mich der Angst stellen. Vielleicht hat das auch geholfen. Also ich musste drin sitzen in der Angst und sie aushalten. Es war ja nur abwarten. Wer schon mal im Krankenhaus war kennt das. Die kommen ja dann ab und zu mal vorbei. Ab und zu eben auch nicht. Es ist auch nicht immer jemand greifbar, der eine Antwort präsentieren kann. Und das war so das Entscheidende. Ich musste, glaube ich, mit meiner Angst sitzen. Und das ist oft natürlich auch eine heilsame Sache, weil man nicht weglaufen kann.

Claudia Heipertz: Das kann ich total nachvollziehen. Es ist ja auch nicht so, dass die im Krankenhaus unbedingt so wahnsinnig versiert sind im Umgang mit Emotionen. Im Gegenteil. Die versuchen ja meist eher die Distanz zu halten zu der Emotion.

Claudia Münch: Absolut. Und es gibt natürlich auch Unterschiede. Das habe ich in der Reha festgestellt. Wenn man in meinem Alter einen Schlaganfall hat, ist das auch nochmal was anderes. Man wird auch, glaube ich, robuster eingestuft insgesamt. Also wir reden dann von 65 plus, teilweise im Rollstuhl sitzend und es ist nochmal eine ganz andere "Zielgruppe", auch wenn sich das jetzt gemein anhört. Man sieht das im Umgang mit der Reha dann, wo ich dann denke "Fordert mich doch mal ein bisschen mehr. Ich möchte doch, dass meine linke Seite wieder funktioniert." Ich bin Linkshänder zu allem Übel noch. In meinem Fall ist das natürlich gut, weil man die linke Hand weiter benutzt. Das ist super. Aber man wird dann nicht so aufgefangen, weil man einfach gar nicht in diesem Raster drin ist, den die da dort so haben. Aber emotional gar nicht. Da gebe ich dir recht. Natürlich. Damit steht man komplett allein.

Claudia Heipertz: Wenn ich mich da jetzt rein fühle, in diese Angst, diese Ungewissheit, dieser Kontrollverlust, dann mussst du eigentlich fast lernen, mit Emotionen auf eine Weise umzugehen, die dir im Grunde keiner beigebracht hat. Ich denke, das hast du dann da gelernt. Dadurch eigene Wege zu finden, mit solchen Emotionen umzugehen.

Claudia Münch: Ich muss sagen, dass ich zumindest da gelernt habe, ein bisschen netter mit mir umzugehen. Ich glaube, ich hatte ein ganz gutes Training. Ich habe meinen Vater sterben sehen, da war ich fünf. Ich glaube, ich hatte ein ganz gutes Training in "nicht aufgefangen werden". Auch emotional nicht aufgefangen werden. Weil das ist halt schon des Öfteren passiert. Das ist nicht das erste Mal gewesen. Wenn es mit 25 passiert wäre, wäre es vielleicht anders verlaufen. Ich war, glaube ich, auch so weit an dem Punkt, an dem ich einfach gesagt habe "Hier stehst du jetzt mit dir alleine und jetzt guckst du mal, dass du klarkommst."

Claudia Heipertz: Wie ist es dann weitergegangen? Mit deinen beiden Unternehmen und deinen Kindern und diesem Wunsch, zu leben? Auf deiner "Über mich"-Seite hab ich gesehen, mit viel Disziplin und viel, viel Training. Wie lang hat das gedauert? Wie bist du durch diesen Prozess durchgekommen?

Claudia Münch: Ich muss sagen, ich habe alles Mentale und Emotionale beiseite geschoben, weil ich diese Fähigkeiten gar nicht besessen habe, weil das habe ich nie gelernt. Ich hab das übers Funktionieren abgearbeitet. Ich hab ein "Schuld und Scham Thema". Wer das kennt, weiß sofort was ich meine. Ich habe halt abgearbeitet. Schuld kann man abarbeiten. Das hört sich total einfach an, aber es ist wirklich so. Schuld ist eigentlich ein bisschen Verzeihen in dem Sinne, weil man es abarbeiten kann. Man muss mehr leisten, man muss mehr machen für alle anderen und dann kann man das abarbeiten. Mit sich selber natürlich auch. Und ich glaube, das Emotionale habe ich tatsächlich erst mal zur Seite geschoben, was mich tatsächlich wieder eingeholt hat. Da werde ich vielleicht nochmal was zu sagen. Das Physische ist einfach so, dass ich, durch den Sport, mit dem ich immer verbunden war, eine gute Disziplin habe. Ich hatte nie diesen inneren Schweinehund. Natürlich hab ich den auch, aber weil ich weiß, wie gut es mir geht, wenn ich Sport treibe, habe ich es immer geschafft, mich zu motivieren, auch Sport zu machen. Es war nie ein großes Problem für mich und so war das auch in der Reha. Das heißt, ich habe halt mehr gemacht als in der Reha. Ich musste meine Feinmotorik der linken Hand wieder entwickeln. Ich hatte zwei kleine Mädchen zu Hause. Da hat man, ich weiß nicht, ob du das kennst, diese Bügelperlen, die man so stecken muss. Da muss man so kleine Stifte stecken. Man kann man ein Bild legen, das wird hinterher gebügelt und dann ist das fest. Und diese Stifte sind winzig. Das sind winzige Dinger, wirklich. Und ich hab jeden Tag eine Stunde da gesessen und habe diese Dinger gesteckt. Mit einer unglaublichen Frustration, weil es wirklich unglaublich schwer gewesen ist. Man denkt, ich bin ein erwachsener Mensch. Ich kriege das Teil da nicht reingesteckt. Warum geht das nicht? Es ist irre. Es ist total surreal, sage ich immer. Und ich habe natürlich kleine Kinder gehabt, und meine Kleinste, die ist jetzt mittlerweile auch schon zwölf, die wollte immer vorgelesen haben, die war ein Märchen-Freak. Und ich habe jeden Abend vorgelesen. Es war immer so und das wurde beibehalten. Das war unglaublich schwer am Anfang. Meine Sprache war nicht weg, aber sie war schwierig. Es ist mir unglaublich schwergefallen, das zu lesen. Aber es ist Training und man muss dranbleiben. Das Gehirn schafft unglaublich viel. Wenn ich heute jemanden treffe mit Schlaganfall, sag ich: trainier, trainier, trainier. Es kommt zurück. Es kommen nicht immer alle Funktionen zurück. Man verändert sich. Das ist bei mir auch so. Die Dinge verändern sich dann in dem Zuge. Aber ich glaube, dass man ein bisschen mitbestimmen kann, wenn man sich wirklich anstrengt. Und es lohnt sich auf jeden Fall.

Claudia Heipertz: Du hast gesagt, ein paar Sachen sind zurückgeblieben. Du hast noch eine leichte linksseitige Schwäche.

Claudia Münch: Man merkt es mir nicht großartig an. Man macht in der Reha so Krafttests. Links ist sehr viel schwächer und meine Handschrift ist eine Katastrophe. Vor allem, wenn ich länger schreibe. Das ist wirklich schwierig für mich, handschriftlich was zu verfassen. Nach dem dritten Satz wird es schon sehr krakelig. An schlechten Tagen auch das erste Wort schon. Wo ich hinterher denke "Was hast du denn da geschrieben?" Da muss ich selber überlegen. Wer mich nicht kennt, merkt das natürlich nicht. Menschen haben halt eine schlechte Handschrift. Aber das ist auch noch zurückgeblieben. Und Gleichgewichtssinn ist immer schwierig, ist immer ein Thema. Ich bin jetzt am Fuß operiert worden im Januar und ist nochmal verschlechtert dadurch. Aber das sind Dinge, die kann man trainieren, da kann man dran arbeiten.

Claudia Heipertz: Du unterstützt heute Menschen dabei, sich und ihre Gesundheit an die erste Stelle zu setzen. Das sind ja wirklich Geschichten, die das Leben schreibt. Du hast die Erfahrung gemacht und wahrscheinlich auch immer wieder mal, wie wichtig es ist, dass alles im Einklang ist miteinander, Körper, Geist und Seele. Und du hast gesagt, du hast funktioniert und irgendwann bist du dann auch auf diesen emotionalen Part gekommen. Du schreibst auf deiner Seite, dass dir die Verbindung von Körper, Geist und Seele wichtig ist oder sie zu achten. Welche Rolle hat dieser emotionale und mentale Teil? Du hast gesagt, du hast funktioniert, Schuld abgearbeitet. Das ist das eine. Das ist deine "Superkraft", die du so mitgebracht hast aus der Kindheit. Dieses "Funktionieren können", das kenne ich auch gut. Aber das kann auch brechen. Das Weiche ist eigentlich das, was gewinnt am Ende. Du bist Yogatherapeutin, Atemcoach und psychologische Beraterin. Wie hast du das integriert, dass du heute Menschen dabei unterstützen kannst, wahrscheinlich auf eine andere Weise durch ihre Lebenskrisen durchzugehen?

Claudia Münch: Es ist zum einen so, dass ich irgendwann nochmal das Interesse an der Psychologie verstärkt hatte - das war aber vor dem Schlaganfall - und ich dann in England Psychologie studiert habe. Ich habe dann überlegt, wie setze ich das hier um? Das heißt, ich hab dann hier in Deutschland auch psychotherapeutische Ausbildung gemacht, habe mich aber zum Beispiel gegen die Approbation entschieden. Ich finde Psychologie toll, ich finde auch Psychotherapie ganz toll. Aber ich glaube tatsächlich, dass dort immer noch eine Lücke klafft, weil eben der Körper nicht mit einbezogen wird. Ich war selbst in Therapie. Bei vielen Menschen, bei mir war es auch so, kam nach dem Schlaganfall erstmal eine Depression um die Ecke. Das heißt, das emotionale Zentrum war bei mir auch betroffen. Wir haben eine linke und eine rechte Gehirnhälfte und sie haben unterschiedliche Funktionen. Und ich war immer schon so ein bisschen der "Rechtshirntyp". Ich bin sehr empathisch, ich bin sportlich, bin kreativ, ich bin nicht so dieser Zahlenmensch. Das sind so eher die Leute auf der linken Seite. Und das Spannende ist ja, dass bei mir der Schlaganfall rechts war. Das heißt, ich hätte nach der Theorie wahrscheinlich logischer werden sollen und mehr ein Zahlendreher. Bin ich aber nicht. Ich bin tatsächlich nochmal ein Stück empathischer geworden und das ist manchmal belastend. Das heißt, wenn ich was erzähle, fange ich an zu weinen, wenn mir jemand etwas erzählt, fange ich an zu weinen. Ich muss nur ein verlorenes Kätzchen im Fernsehen sehen, dann triggert mich das schon sehr. Das ist etwas, das ich nicht mehr steuern kann. Wofür ich mich aber mittlerweile nicht mehr schäme. Meine Kinder lachen mich dann immer aus. "Mama, fang jetzt nicht an zu heulen.", heißt es immer von rechts oder links. Da sage ich: Du, ich kann da nichts dran ändern. Ich finde es auch nicht schlimm. 

Man lernt das Sanfte dann ein bisschen auf die harte Tour. Bei mir war es zumindest so, dass ich sage: Ja, ich bin nochmal einen Tick emotionaler. Ich glaube tatsächlich aber, dass mir das ermöglicht, auch auf die tieferen Sachen zuzugreifen. Also ich war immer ein sehr empathischer Mensch und sehr hilfsbereit. Ich möchte immer Menschen helfen, möchte, dass sich alle wohlfühlen, aber ich glaube, ich war mit mir nicht so. Ich war mit mir eigentlich relativ emotional rücksichtslos, weil ich das natürlich auch so gelernt habe. Emotionaler Missbrauch in der Kindheit, den trägt man mit sich. Das ist nicht so ganz einfach, das abzuschütteln. Es hat mich sehr viel sanfter gemacht. Ich hatte eine wunderbare Therapeutin. Fünf Jahre lang. Wir haben uns sehr gut verstanden. Das ist eine ganz tolle Frau. Ich bin nur nicht weitergekommen, weil ich mich immer rausdrehe. Ich hab natürlich Mechanismen, wenn mich in der Therapie jemand versucht, mental "zu packen", hab ich so kleine Fluchtwege und dann dreh ich raus. Dann gehe ich auf eine andere Ebene, verkopfe das Ganze wieder, da bin ich raus. Das ist sehr schwer für mich. Ich war nie der Yoga-Typ. Ich bin immer so diese Fitness-Tante gewesen, so es muss richtig schweißtreibend sein. Das mach ich auch immer noch gerne. Ich habe dann aber zum Yoga gefunden. Erst habe ich gedacht, das ist nichts für mich. Das ist nicht schnell genug. Diese Klischees. Es hat mir unglaublich geholfen und das war für mich auch noch so ein einschneidendes Erlebnis. Ich kriege da so diese Sanftheit mit mir. Ich habe früher ja schon auf meinen Körper gehört, bis auf bei dem Aneurysma. 

Ich muss dazu vorschicken: da waren 10 Jahre Kopfschmerzen, die gingen dem voraus. Ich hätte nur darauf hören müssen, aber manchmal tun wir das leider nicht. Der Schrei war eigentlich laut genug. Also ich glaube, ich bin nochmal ein Stück weit emotionaler geworden. Da hat mir Meditation und und auch dieser Yogaweg sehr geholfen. Ich habe versucht, die Werturteile aufzugeben. Also das heißt, wenn ich draußen jemanden sehe, der sich schlecht verhält, überleg ich mir erst mal "Was ist bloß mit diesem armen Menschen, dass er sich so verhalten muss?" Also vorher hätte ich gesagt, der benimmt sich wie keine Ahnung. Ich glaube, ich finde es schön, dass ich in der Lage bin, es meinen Kindern mitzugeben. Dass ich einfach sage "Verurteile Menschen nicht für das, was er gerade anhat, was er gerade sagt oder wie er sich gerade verhält. Guck erstmal was dahintersteckt." Weil bei jedem Menschen steckt was dahinter, ohne Ausnahme. Insofern hat mir das sehr geholfen. Ich bin insgesamt verzeihender geworden, auch mit mir, wenn ich mal einen Fehler mache. Das war früher überhaupt nicht möglich.

Claudia Heipertz: Du warst schon so eine richtige Power-Tante oder?

Claudia Heipertz: Ich habe das tatsächlich wirklich häufig gesagt bekommen. Du hast so viel Power und du bist so stark. Aber es hat nie jemand verstanden, dass ich das sein musste, sonst wäre ich auf der Strecke geblieben. Aber ich wollte es tatsächlich gar nicht. Man hat schon selbst trotzdem eine emotionale Bedürftigkeit, die durch die Stärke ja nicht unbedingt aufgefangen wird. Es ist ganz schwierig, wenn man sich auch stark präsentiert, weil man wird auch überrollt emotional.

Claudia Heipertz: Und es fehlt natürlich auch was auf der anderen Seite. Weil die Menschen das einfach auch nicht sehen, dass da auch eine andere Seite dahintersteckt. Da wird nur die Stärke gesehen und nicht das andere.

Claudia Münch: Diese Verbindung einfach zum Körper. Also die Wissenschaft weiß ja um diese Verbindung. Der Dualismus ist ja nicht mehr wirklich haltbar für die meisten in der Theorie, sondern wir sind halt eine Einheit. Es ist sogar schwierig zu sagen Körper, Geist, Seele, weil letztendlich ist das alles eins. Und der Körper gibt so wahnsinnig gute Signale. Das wissen wir alle, das weiß auch jemand, der sich da nicht mit beschäftigt. Wenn ich Angst habe, dann klopft mein Herz, dann schwitzen meine Hände. Oder wenn ich aufgeregt bin, der Blutdruck steigt. Das sind ja eindeutige Signale und eindeutige Verbindungen. Und ich glaube wirklich, dass, wenn man jemandem helfen möchte, dann muss man auf alle Aspekte gucken. Und es geht in zwei Richtungen. Es ist keine Einbahnstraße. Das heißt, wenn jemand körperliche Beschwerden hat, wie hohen Blutdruck oder er kann nicht schlafen, dann müssen wir mal gucken, was ist so auf der mentalen Ebene los, auf der Seelischen. Und andersherum ist es genauso. Wenn jemand, der seelische Probleme hat oder der vielleicht in der Beziehung, zu Hause oder im Job läuft es nicht so gut, dann einfach mal zu gucken, was isst dieser Mensch? Wie atmet dieser Mensch? Was hat er für eine Schlafhygiene? Diese Dinge sind alle so stark miteinander verbunden. Und ich glaube, wenn man jemandem helfen will, egal bei welchem Problem, ob es ein körperliches ist, ob es nur auf der mentalen oder ob es eine Mischung aus allem ist, glaube ich, muss man eben auch ganzheitlich arbeiten und alle Elemente angucken. Das wird in unserer Gesellschaft noch nicht so wirklich viel gemacht. Die Psychologen gucken auf Gedanken und Gefühle. Und die Ärzte auf den Körper.

Claudia Heipertz: Meine Zielgruppe sind ja Unternehmer oder meine Hörer sind Unternehmer. Und ich finde das ganz wertvoll, diese Erfahrung wirklich unter solchen schwierigen Bedingungen als Selbstständiger zu bestehen. Dass es dich nicht komplett aus der Bahn wirft. Und viele haben Angst davor, krank zu werden und dann nicht mehr ihren Job machen zu können. Welche inneren Potenziale, würdest du sagen, braucht man, um auch in solchen schwierigen Situationen dranzubleiben? Bei dir waren es deine Kinder, die dich motiviert haben. Was würdest du jemandem sagen, der jetzt vielleicht in der Gründung ist oder im Moment gerade eine schwierige Phase als Unternehmer durchmacht? Welche Potenziale sollte er aktivieren, um da durchzugehen, um da gut durchzukommen?

Claudia Münch: Zum einen glaube ich, dass jeder seiner Leidenschaft versuchen sollte zu folgen. Es ist nicht immer möglich. Ich weiß das. Wir leben in einer Gesellschaft, die hohe Anforderungen stellt an viele Dinge. Auch finanziell ist es oft ein Problem. Aber ich glaube tatsächlich, dass uns nur die Leidenschaft irgendwohin führt, wo wir auch wirklich erfolgreich sein können. Ich glaube, wenn man wirklich was versucht, wo es nur "Geld zu holen" gibt, dann wird man scheitern, weil man irgendwann keine Lust mehr darauf hat. Das ist, glaube ich, eine ganz klare Sache. Auf der anderen Seite finde ich, der wertvollste Tipp an jemanden, der gründen möchte, ist den 360 Grad-Blick zu behalten. Das sage ich jetzt von mir aus, weil ich eben betont habe, ich bin kein Zahlenmensch. Ich glaube, wenn man gründen möchte und ein erfolgreiches Konzept hat und auch ein gutes Talent hat und eine Leidenschaft entwickelt, reicht es trotzdem nicht mehr, die Dinge, die so wirklich Organisation, Logistik etc., Steuern usw. sind, zu beachten. Sonst ist der Tipp da, sich entweder Sachverstand anzueignen oder Fachverstand oder Hilfe zu holen. Das ist wirklich was, wo ich auch immer spaße, wenn ich sage ach, da will ich nichts mit zu tun haben, da hab ich nicht so Bock auf die Zamboni beim Fahren. Und ich glaube, es ist wichtig, dass man erstens seine eigenen Ressourcen aktiviert und zweitens sich selber vertraut. Ich glaube, das machen viele Leute ganz falsch. Ich kenne das von mir auch. Natürlich, egal, wenn man zehn Leute fragt, kriegt man eventuell acht bis zehn Meinungen und das Wichtige ist, glaube ich, sich selber zu vertrauen, ein gewisses Vertrauen zu haben in das, was man kann und auch in das, was man machen möchte. Und das muss zusammenpassen. Es gibt ja diese klassischen Dinge, also was kann ich, was brauchen die Leute und womit kann man Geld verdienen? Das ist schon nicht ganz falsch der Ansatz, aber ich glaube, da muss man tief in sich selber erst einmal abtauchen. Will ich das machen? Will ich das nicht? Ich glaube, Corona hat jetzt auch gezeigt, diese schwierige Zeit, dass Selbstständigkeit nicht unbedingt was für jeden ist, dass auch viele Leute im Home Office nicht wirklich glücklich sind. Aber ich glaube, dass, wenn man es nicht versucht, wird man da nie hinkommen.

Claudia Heipertz: Das kann ich bestätigen. Und ich glaube auch, was du gesagt hast, dieses in sich hineinspüren und diese Begeisterung oder Leidenschaft hast du es genannt, diese Passion in sich zu finden. Dabei geht es mir so gar nicht um das, was man so landläufig Herzensbusiness nennt, sondern tatsächlich etwas, was wirklich auch von innen heraus kommt. Also ich nenne das immer die Wahrheit, die eigene Wahrheit finden. Das, was halt die kraftvollste Idee ist für das eigene Leben. Und das hörte sich bei dir jetzt ein bisschen ähnlich an.

Claudia Münch: Absolut. Und sich Fehler zu gestatten.

Claudia Heipertz: Ja, Fehler, das finde ich auch ganz wichtig. Und was mich noch interessiert und vielleicht meine Hörer auch: Welche Learnings waren für dich die wichtigsten aus dieser Erfahrung heraus, die du gemacht hast, vor allem als Unternehmerin?

Claudia Münch: Das schließt direkt an das an, was ich eben einmal so dazwischen geworfen hatte, ich glaube, das tatsächlich wichtigste Learning für mich war, dass ich mal schwach sein darf, dass es mal nicht so gut sein darf. Bei mir als Mensch auch. Und dass ich auch Fehler machen darf. Ich habe früher viele Dinge mit mir herumgetragen, unglaublich lange. Wenn ich ein Gespräch hatte, habe ich dann zwei Tage in meinem Kopf gesessen und habe überlegt, war das blöd gesagt und dies hast du doof gesagt. Einfach mit sich verzeihender zu sein und sich Fehler zu gestatten, ist glaube ich mein größtes Learning. Also gerade im Geschäftsbereich, gar nicht im privaten Bereich. Da da geht es nochmal ein bisschen anders in privaten Beziehungen, aber im Geschäftlichen einfach zu sagen: Ich habe nicht auf alles eine Antwort. Ich kann versuchen, die Antwort zu finden. Ich habe aber nicht auf alles eine Antwort und das ist auch völlig in Ordnung so. Und ich darf vielleicht auch mal was sagen, was ich vielleicht nur halb gut recherchierte, wobei ich da immer sehr für Transparenz bin. Also, wenn ich da nicht so gut Bescheid weiß, dann sage ich das auch. Aber auch damit okay zu sein, dass man nicht alles 100 % wissen muss, weil niemand tut das. Und es gibt einen lauten Menschen und die leisen Menschen. Ich bin in der Beziehung ein sehr leiser Mensch, aber das war für mich ein wichtiger Weg und auch ein Learning zu sagen, wenn man leise ist und nicht so rumschreit, dann kann man ja trotzdem unglaublich viel können und sehr viel Potenzial haben und auch viel Expertise haben. Man muss aber nicht laut sein und es ist auch in Ordnung zu sagen, ich habe nicht in allem 100 % Expertise. Man hört ja immer gerne heute dieses Schlagwort Impostor-Syndrom. Ich bin ja auch so eine, leider Gottes.

Claudia Heipertz: Ich auch.

Claudia Münch: Also dann weißt du, wie es ist. Und das kann man, glaube ich, lernen. Ich glaube, das ist einfach ein Prozess. Oder auch mal zu sagen, so, das ist die Richtung. Das finde ich toll. Aber irgendwie funktioniert das für mich nicht so ganz und dann zu sagen, ich mache jetzt aber nochmal einen Richtungswechsel, warum nicht? Ich glaube, wir leben in einer Zeit, wo das besser möglich ist als je zuvor. Früher hatte man immer so einen durchgehenden Lebenslauf und musste irgendwie 30 Jahre bei derselben Versicherung arbeiten, dann war man gut. Da hat man das richtig gut gemacht, seine Karriere. Ich glaube, heutzutage ist das nicht mehr nötig. Und auch im Business, wenn man selbstständig ist, muss das nicht mehr sein.

Claudia Heipertz: Noch eine ganz interessante Frage, die gerade hier aufkommt: Was haben dich deine Kinder in dieser ganzen Situation gelehrt? Sie sind ja mit dir diesen Weg gegangen und als du gesagt hast, du hast jeden Abend vorgelesen, Kinder sind ja unglaublich verzeihend. Die passen sich ja diesen Situationen an. Die sind dann nicht wertend, sondern da ist Vorlesen viel wichtiger, auch wenn sie nicht alles verstehen. Also was ist das, wo du sagst, da sind meine Kinder wirklich wichtig gewesen. Wenn es was gibt. Kann sein, dass es was gibt. Wenn es nichts gibt, dann sag es bitte einfach. Auch, wenn Du nicht darauf antworten möchtest.

Claudia Münch: Doch, ich musste nur kurz in mich gehen. Aber ich glaube tatsächlich, Offenheit ist ein Riesenthema. Also ich finde nicht, dass ich vorher ein verschlossener Mensch war, aber ich habe wie gesagt durch meine eigene Geschichte immer gedacht, dass meine Bedürfnisse gar nicht so wichtig sind. Und ich glaube, ich habe sehr viel Offenheit durch meine Kinder gelernt, weil es für mich nur so ging. Und ich musste auf meine Kinder sehr achtgeben. Die mussten mich ein paar Mal hochheben, wenn ich wieder gestürzt bin nach diesem Vorfall. Es ist tatsächlich auch noch häufiger passiert danach. Die Große hat mich mal zwischen Waschbecken und Waschmaschine hochkraxeln müssen irgendwie. Und ich merke das heute, wenn ich mich nicht schnell genug zurückmelde von irgendwo, wenn ich unterwegs bin, dann werden die nervös. Also das hat was hinterlassen bei meinen Kindern, natürlich, das geht nicht spurlos an denen vorbei. Und diese Offenheit zu sagen, das kann ich jetzt nicht besser, es tut mir leid. Ich wollte da nie mit hausieren gehen. Ich bin da offen, wenn mich jemand fragt. Aber ich gehe nicht los: Hallo, ich hatte einen Schlaganfall und ich trage das jetzt nicht auf meiner Stirn geschrieben. Aber ich war mit meinen Kindern, glaube ich, sehr offen zu sagen: Das ist jetzt eine Grenze hier. Ich kann das jetzt nicht besser, weil natürlich die Kinder das auch vergessen, wenn ein paar Jahre ins Land gehen. Dann soll ich irgendwie, dann hatte die Kleine etwas im Schuh gehabt und das mit dem Schnürband, ich habe das nicht hingekriegt, weil meine Feinmotorik das nicht geschafft hat. Aber da habe ich zu ihr gesagt, du weißt, was mit mir gewesen ist. Tut mir leid, ich kann es nicht. Ich kriege es nicht hin. Und der Mensch, der ich früher war, hätte gesagt, das musst du jetzt irgendwie schaffen. Dieses Leistungsding, du bist jetzt kein Versager, du versagst jetzt hier nicht, du musst das hinkriegen. Und ich glaube, dieses Erlebnis hat da ganz viel Sanftheit reingebracht zu sagen: Es tut mir leid, das kann ich jetzt nicht besser.

Claudia Heipertz: Das bringt mich jetzt wirklich auch zu dem Schwerpunkt deiner Arbeit heute, weil diese Sanftheit, das hat sicherlich heute auch einen großen Einfluss auf deine Arbeit. Was sind denn so die Schwerpunkte deiner Arbeit heute?

Claudia Münch: Ja, also zum einen ist es natürlich das Gespräch. Das ist für mich wichtig, dass ich den Menschen nah bin, dass ich auch von mir was erzähle, damit sie einfach das Gefühl haben, sich fallen zu lassen. Und was mir ganz wichtig ist: Ich unterrichte zum Beispiel kein klassisches Yoga, sondern die psychologische Yoga-Therapie nimmt so Elemente wie dieses ... Yoga oder Yoga Nidra, dass man wirklich sich hinlegt und dann gebettet wird praktisch auf verschiedene Polster und Matten und Decken, damit man sich öffnen kann, dass der Körper sich öffnen kann. Ich glaube, mein größter Schwerpunkt ist, dass sich Menschen bei mir sicher fühlen. Das ist mir ganz wichtig, um sich öffnen zu können. Manchmal will man sich öffnen und schafft es nicht. Das ist ein eigenes Thema, das kenne ich auch. Das ist nochmal eine andere Sache. Ich glaube, dass man erstmal diesen geschützten Raum und diesen Rahmen haben muss, dass man sich fallen lassen kann. Was viele Menschen einfach durch den Druck der Gesellschaft und dieses ständige Funktionieren auch nicht können. Ich glaube, das kann ich transportieren einigermaßen.

Claudia Heipertz: Und wer kommt zu dir? Mit welchen Themen kommen deine Kunden zu dir? Welche Zielgruppen hast du?

Claudia Münch: Also ganz häufig natürlich das gleiche Thema, worüber wir jetzt die ganze Zeit gesprochen haben hauptsächlich, minus die Unternehmergeschichte vielleicht, aber häufig Menschen, die auch schon in Therapie gewesen sind, die natürlich auch ein Stück weit älter schon als 25 sind vielleicht, das kommt so auf das individuelle Leben an. An sich gibt es keine Altersbeschränkung. Aber ich würde eher sagen mittleres Alter natürlich. Und dann schon mit einer persönlichen Geschichte, die vielleicht nicht so alltäglich ist. Da, wo es schon Krankheit gegeben hat, wo es vielleicht eine Familiengeschichte gibt, die etwas schwierig ist, wo es jetzt Probleme gibt im gesundheitlichen Bereich, die zurückzuführen sind auf diese Probleme. Das heißt, wenn jemand jetzt mit dem Schlafen Probleme hat, mit dem Blutdruck Probleme hat, solche Geschichten, dann war er vielleicht auch schon beim Psychotherapeuten, war schon beim Arzt, beim Arzt gibt's das Medikament, beim Psychotherapeuten gibt's das ganze Aufwühlen der Geschichten. Aber das ist nicht mein Ansatz. Wenn du darüber sprechen möchtest, was dir widerfahren ist, dann hast du einen geschützten Raum und kannst das gerne tun. Aber wir wollen es nicht analysieren, weil es ist letztendlich geschehen. Wir müssen gucken, wie gehen wir da heute mit um? Das ist dieser Ansatz auch im Mindfulness-Bereich, dass man in das Hier kommt und das Jetzt. Man soll das nicht vergessen, die Dinge, die passiert sind, aber es nützt nichts, sie immer wieder hervorzuholen, wird nichts bringen. Die haben mich ja dazu gemacht wer ich heute bin,

Claudia Heipertz: Das sehe ich auch so. Dieses Warum braucht kein Mensch. Frag nicht, warum es so ist, sondern was du daraus machst.

Claudia Münch: Eben. Das ist so, was jetzt Stand der Dinge ist. Und das betrifft viele Gruppen. Es betrifft natürlich auch viele Mütter, weil ich schon viel mit Müttern gearbeitet habe. Was mir auch manchmal ganz wichtig ist, auch als alleinerziehende Mutter seit über 10 Jahren. Man hat natürlich einen anderen Draht vielleicht zu den Leuten, auch eine andere Verbindung. Ich finde das auch ganz wichtig, alleinerziehende Mütter mal aufzufangen, weil die natürlich auch ein Erschöpfungspaket mit sich herumtragen, das riesig ist, was in der Gesellschaft noch gar keine Beachtung findet, seien wir ehrlich. Da ist mir zu wenig Beachtung. Das ist für mich auch nochmal eine ganz große Leidenschaft, das zu sagen, wir müssen die Mütter anders behandeln.

Claudia Heipertz: Ja, da kannst du dich auch gut einfühlen. Wenn du jetzt meinen Hörern und Hörerinnen drei Tipps mit auf den Weg geben würdest oder möchtest, welche wären das? Wie können sie aus einer ungünstigen Position heraus trotzdem ihr Leben, sag ich mal positiv gestalten? Weil das ist ja das, was du gemacht hast. Welche drei Tipps?

Claudia Münch: Tipp Nummer eins an erster Stelle ist für mich immer in Verbindung mit dem Körper treten in irgendeiner Form, in welcher Form das auch gut sein mag. Also der eine geht auf die Yogamatte, der andere geht laufen. Aber ich habe tatsächlich das Atmen nicht umsonst für mich entdeckt. Es ist nun mal was, was wir immer bei uns haben. Es kostet nichts und man kann das lernen. Das ist kein Hexenwerk. Das kann man erlernen. Das ist auch gut, wenn man dazu Trainer hat am Anfang. Aber das hat man immer jederzeit dabei und man kann einen gesunden Atem jederzeit praktizieren. Man muss sich nicht in ein stilles Kämmerchen dafür setzen und Stunden Ruhe haben. Ich glaube, es ist sehr wichtig, diese Verbindung zum Körper herzustellen, weil über den Körper läuft ganz viel. Das heißt, wenn ich in einer ungünstigen Lebenssituation stecke, wird sich das irgendwo auch im Körper zeigen oder in der Gesundheit. Das ist so ein Tipp, gut auf den Körper achten.

Claudia Münch: Mein zweiter Tipp ist Stille tatsächlich. Es ist, glaube ich, verkannt von vielen Menschen. Einfach mal gern verbunden mit Natur, gerne mal raus. Weil, ich sehe mit Schrecken, dass jederzeit die Leute ihr Handy vor der Nase haben. Ich will das nicht verurteilen, ist völlig in Ordnung, aber ich glaube, es ist wichtig, dass wir eine Zeit finden, wo das nicht der Fall ist. Manchmal hilft es auch, man lässt es einfach mal und lässt den Blick schweifen und guckt mal, von mir aus auch nur ins Leere. Ich starre tatsächlich ganz häufig ins Leere, das gibt mir eine ganz tolle Gelegenheit, mit mir selber so in Verbindung zu kommen. Ich glaube, das Handy lenkt uns. Da ist immer so die Frage Huhn oder Ei, was war zuerst da? Das Handy lenkt uns natürlich ab, aber ich glaube, wir nutzen es auch gern dafür. Und das ist so, einfach mal raus in die Natur und wirklich bitte ohne elektronische Geräte, ohne es verteufeln zu wollen. Ich glaube, das hilft wirklich, mit sich selber mal in Kontakt zu kommen.

Claudia Münch: Und der dritte Tipp wäre Verbindung. Verbindung zu anderen Menschen. Das ist ganz wichtig. Das ist nicht so etwas, was es auch in der Forschung gibt. Es gibt ja diese Blue Zones auf der Welt, wo die Leute so furchtbar alt werden, wo man festgestellt hat, dass es nicht unbedingt nur das Essen ist, die Nahrung, die wirklich gut ist. Das wäre jetzt noch ein vierter Punkt, du hast nur nach drei gefragt. Aber die Verbindung untereinander, dieses gesellschaftliche, dass man füreinander da da ist, dass man nicht alleine ist. Also wir haben da auch so eine Kultur, wo Menschen allein alt werden, das halte ich für ganz furchtbar. Also in Verbindung treten. Gesunde Verbindung aber. Aber bitte pflegen natürlich. Und dann auch mal vielleicht gucken, wo sind auch welche, denen es nicht so gut geht. Es gibt so ein schönes englisches Sprichwort Misery loves Company. Das Elend liebt Gesellschaft. Das heißt, mit wem verbinde ich mich denn? Verstärke ich möglicherweise das, was nicht gut läuft dadurch, dass ich die Menschen verbinde, die das verstärken? Bewusst oder unbewusst, spielt gar keine Rolle. Aber, wo kann ich da gucken? Welche Menschen tun mir gut?

Claudia Heipertz: Das ist ein wichtiger Punkt, ganz wichtiger Punkt. Also das ist auch einer meiner größten Learnings, wirklich darauf zu achten, mit wem umgebe ich mich. Ich kann das voll unterschreiben, was du gesagt hast. Ich nenne das mein Energiemanagement. Also auf den Körper achten, in die Stille gehen. Mit einem leeren Akku kann man nix geben und ein Unternehmer oder Unternehmerin ohne Power, ohne die Energie, ohne die Ausstrahlung, wird auch kein gut laufendes Geschäft aufbauen können. Also ganz wichtige Punkte, die du da genannt hast. Wenn jetzt jemand zugehört hat und der sagt: Ich möchte gerne mit Claudia Münch arbeiten. Wo erreichen dich meine Hörer?

Claudia Münch: Ja, also einmal über die Website natürlich Claudia-Muench.com, mit ue. Da sind auch alle anderen. Also ich bin auf Instagram, auf Facebook und auf LinkedIn. Da sind die auch alle verlinkt, da kann man mich dann auch finden. Da kann ich immer ganz gerne schreiben.

Claudia Heipertz: Die Verbindung ist gerade wieder ein bisschen schlecht.

Claudia Münch: Ja, kannst du mich hören?

Claudia Heipertz: Jetzt höre ich dich wieder. Ich würde Folgendes sagen: Wir machen das so: Die Vernetzung mache ich alles in die Shownotes wo du zu finden bist. Und dann können meine Hörer und Hörerinnen da selber aktiv werden und auf dich zukommen. Also ich danke dir ganz herzlich für das Interview und dass du zu Gast in meinem Podcast gewesen bist

Claudia Münch: Danke, dass du mich eingeladen hast zu diesem Interview.